Archiv 7

Das fehlende Steering Commitee

In der Mittelbayerischen Zeitung vom 30.12.2006 war in einem Beitrag von Marianne Sperb über Regensburgs Sternstunde (13. Juli 2006, Welterbe-Eintrag) zu lesen: “Ein offizielles Welterbe-Zentrum oder eine Stabstelle, die alle Fragen zum Welterbe koordiniert, hat die Stadtspitze bisher allerdings nicht benannt. Im Januar soll Bewegung in die Sache kommen. Eine Beobachtergruppe unter der Regie von UNESCO bzw. Weltdenkmalrat soll zu Jahresanfang erstmals zusammen treten. Das weltweit erstmals konstituierte Gremium soll Regensburg beim Umgang mit seinem Erbe und bei Bauvorhaben beraten.”

Das klingt ja richtig schön, doch der Januar 2007 ist verstrichen und diese “Beobachtergruppe” ist noch nicht gesichtet worden. Der auszulobende “Welterbe-Kümmerer” ist nicht mit dieser Beoachtergruppe gleichzusetzen. Er soll im Welterbegeflecht wenigstens die richtigen Anprechpartner finden und “Initiativen” entwickeln. Diese neu zu schaffende Stelle wird dann auch folgerichtig im Stadtplanungsamt angesiedelt und nicht bei den “geborenen” Fachleuten für Welterbefragen, den städtischen Denkmalpflegern. Dr. Paulus und Dr. Harzenetter haben ja u.a. wegen ständiger Missachtung der städtischen Denkmalpflege vorzeitig ihre schöne Stelle in Regensburg in den Staub geschmissen und es ist noch lange nicht abzusehen, wann es ein eigenes Denkmalpflege-Amt in Regensburg gibt. Von der Sachlage her, jetzt nach dem Welterbe-Status, wäre es geboten.

Doch bleiben wir bei der Beobachtergruppe der UNESCO, die eine Vorgeschichte hat. Ende Mai 2006 fragte das Welterbezentrum in Paris bei der Bundesrepublik Deutschland (Auswärtiges Amt) an, ob es in der vorgesehenen Kern- und Pufferzone des Welterbegebietes in Regensburg Neubaupläne gebe. Die Stadt antwortete im Juni 2006 folgendermaßen: “Bei sämtlichen von ICOMOS in der risk analysis angesprochenen stadtplanerischen Maßnahmen, die das Areal der vorgeschlagenen Kernzone und der Pufferzone betreffen könnten, hat die Stadt im Hinblick auf das laufende Antragsverfahren für die Eintragung in die Welterbeliste eine Entscheidung vorläufig zurückgestellt. Um jede Gefährdung des Welterbeensembles auszuschließen und um den hohen Anforderungen an eine Welterbestätte gerecht zu werden, wird die Stadt den vorgeschlagenen Managementplan durch ein eigenes Steering Commitee ergänzen. In Verbindung mit den strengen Regeln des legal framework für die Erhaltung der Altstadt ist damit eine ideale und konstante Betreuung des Welterbes gewährleistet. Regensburg soll auf diese Weise auch im Sinne der Berliner Erklärung (Berlin appeal of 75 delegates representing 40 European countries, meeting in Berlin on 8 - 9 November 2005) zu einem internationalen Modellfall für die Kooperation der verschiedenen interessierten Ebenen werden.”

Und dieses Steering Commitee soll die Beobachtergruppe sein, in der Fachleute “der verschiedenen interessierten Ebenen” Regensburg beraten sollen, wie es am besten den Erhalt der Welterbestätte gewährleisten kann. Dieser “internationale Modellfall” war auch Gegenstand der Verhandlungen mit dem Welterbekomitee in Vilnius. Da ist vollmundig etwas versprochen worden, das bis heute noch nicht eingelöst worden ist. Anfragen aus dem Auswärtigen Amt zur Einrichtung des Regensburger Steering Commitees liegen bereits vor. Wir werden genau beobachten, was sich in dieser Frage tun wird!

Stadthallen-Lust

In der MZ vom 26.1.2007 wieder mal eine ganze Seite unter der dicken Überschrift “OB kämpft für Stadthalle” und darunter etwas kleiner “Ich habe Lust darauf”.
Bleiben wir zuvörderst bei unserem Hobbyphilosophen OB Schaidinger, der im Jahresgespräch des Presse-Clubs äußerte: “Nicht Tatsachen bestimmen die Welt, sondern Meinungen über Tatsachen.” Ist dann die neue Stadthallen-Lust seine Meinung über die Tatsache des verlorenen Bürgerentscheides? (Achtung: Ironie!)
Wir sind da realistischer. Für uns ist eine Tatsache eine Tatsache und eine Meinung eine Meinung. Und Tatsache ist, dass jetzt, nach dem Bürgerentscheid, erst einmal für ein Jahr Bindungsfrist besteht. Und im März 2007 soll es eine Ausschuss-Vorlage geben, dann sind es nur noch neun Monate Bindungszeit. Der OB versichert großzügig, man müsse aber nun keine Angst haben. Er verfolge den Standort Donaumarkt nicht mehr. Sehr nett von ihm.
Doch die Bürger sind gewitzt geworden, sie halten sich lieber an Tatsachen und nicht an Meinungen. Aber beobachten wir weiter, was tatsächlich so kommt.
Und das Welterbe! Ein Kümmerer soll’s richten, kümmerlich angesiedelt im Stadtplanungsamt. Na hoffentlich greifen wir dann nicht zum Kümmerling, nachdem es in dieser Stadt keine Wachhund-Planstelle gibt!

Legal und legitim

Die Neujahrsansprache von OB Schaidinger gab sich diesmal eher feingeistig. Aus dem Politiker-Reden-Buch fielen Namen und Zitate von Tucholsky, Novalis und Erich Kästner, aber auch Ernst Bloch und der Mönch Otloh. Beginnen wir aber mit dem missglückten historischen Vergleich: “In den Städten regten sich früh erste Bestrebungen zur Selbstverwaltung dieser Freiheiten und Entwicklungen, lange bevor Staaten solche für alle generierten. Ich weiß nicht, ob sich diejenigen, die heute Bürgerinitiativen gründen, wann immer ihnen ein Projekt nicht passt, über dieses stolze Erbe im Klaren sind.”
Dieser historische Vergleich hinkt beidbeinig. Auch im Mittelalter gab es eine Stadtobrigkeit, die ihre Privilegien und ihre Sicht der Dinge (heute reden Stadtpolitiker darüber von “Gemeinwohl”) oft mit Brachialgewalt (bis zur Hinrichtung, geht heute nicht mehr) gegenüber anderen Stadtgruppen durchsetzten. Da sind wir heute in einer vergleichsweise glücklicheren, demokratischen Mitwirkung des Souveräns (eines jeden Stadtbürgers) am gesellschaftspolitischen Leben in der Stadt, das per Gesetz garantiert wird.

Nun leitet OB Schaidinger nahtlos zu der Unterscheidung über: “Legal ist alles, was in einer Abstimmung eine Mehrheit bekommt, legitim ist nur, was allen, oder zumindest dem Großteil der Betroffenen nutzt. Zielsetzungen im Interesse kleiner Gruppen verletzen das Gemeinwohlprinzip.” Der zweite Pferdefuß gegen die BI Donaumarkt, welcher die Frustration nach dem verlorenen dritten Bürgerentscheid durchschimmern lässt. Entspricht es denn wirklich dem “Gemeinwohlprinzip”, dass eine Stadthalle in Regensburg unbedingt am Donaumarkt stehen muss?
Dreimal haben die Regensburgerinnen und Regensburger nun schon mehrheitlich und legal gesagt: Nein! Diese Stadthalle soll nicht an den Donaumarkt! Aber die egoistischen, parteilichen Interpretatoren des Begriffs “Gemeinwohl” rührt das nicht, immer wieder bringen sie diesen “verbrannten” Standort vor.

Und dann noch in diesem Zusammenhang Novalis. Die Begriffe “Wahrheit”, “Lügen” und “Überzeugung” von OB Schaidinger angeführt zu sehen, - dies klingt wie ein Treppenwitz von einem OB, der es selbst mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Überzeugungen kann jeder für sich haben, so viel er will. Ob es aber in einer Demokratie “legitim” ist, seine persönlichen Überzeugungen gegen den mehrfach und mehrheitlich geäußerten Bürgerwillen durchsetzen zu wollen, ist mehr als fraglich. Schließlich noch der Zukunftsausblick. Die städtebaulich präsente Wunde (der Donaumarkt) hat die Stadt in diesem Umfang selbst geschaffen. Sie lässt auch bisher diese “politische Ruine” bewusst als Wunde offen. Der Stadt obliegt es, diese Wunde wieder stadtbildverträglich zu schließen.
Hoffnungsvoll, doch eher skeptisch gegenüber tatsächlicher Realisierung, hören wir: “Ein Planentwurf für Mischbebauung mit Markt und öffentlicher Nutzung für eine Teilfläche liegt vor. Daran wird weiter gearbeitet.”
Unbedingt muss eine Stadthalle her (nun schon seit 28 Jahren neuerer Zeitrechnung). Ein Investor wird’s schon richten. Demnach soll die Stadthalle um den Preis einer höheren Stadtverschuldung gebaut werden, denn die Stadt selbst kann diesen Bau - angeblich - nicht finanzieren. Und für den Investor muss es natürlich ein “sehr gut geeigneter” (der beste?) Standort sein. Den “am besten geeigneten” Standort kennen wir ja bereits ...


Luxus-Wohnungen

Nach dem Bürgerentscheid vom 17.12.2006 möchte Herr Welnhofer in Wahlkampfmanier offenbar immer noch die Sieger des Entscheids “bestrafen”: MZ 8.1.07 “ ‘Der Donaumarkt wird nicht so bleiben, wie er ist’, so Welnhofer. Es werde dort bald keine Parkplätze für Jedermann mehr geben und auch keinen Wochenmarkt.”
Ist das immer noch die Absicht des innersten Kreises der CSU? Luxus-Wohnungen für das Filtet-Grundstück? Unsere Politiker Welnhofer, Wolbergs, OB Schaidinger als Immobilienhändler? Sachlich liegt erstmal der Stadtratsbeschluss für eine Mischbebauung von vor einem Jahr vor, der erneuert werden müsste. Der Flächennutzungsplan für den Donaumarkt sieht seit den 80er Jahren dort immer noch ein “Veranstaltungszentrum“ vor, es gibt für dieses Gebiet keinen Bebauungsplan. Auf den Stadtratsbeschluss ist hingewiesen worden, es gibt bisher keinen anderslautenden. Aber Herr Welnhofer weiß schon: Die öffentlichen Parkplätze und der Wochenmarkt werden verschwinden!
An gleicher Stelle, beim Neujahrsempfang des CSU-Ortsvereins Stadtsüden, räsoniert der CSU-Nachwuchspolitiker Christian Schlegel über das neue, schrankenlose Nachdenken über den Standort der RKK-Halle, das 2007 ganz Regensburg beschäftigen soll.
Da sind wir aber gespannt, und noch gespannter darüber, ob bei dieser schrankenlosen Schwerarbeit nicht ein Fortgang der Planungen am Donaumarkt vergessen wird.


Offener Brief an Herrn Oberbürgermeister Hans Schaidinger

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schaidinger!

Die BI Donaumarkt hat Ihnen am 13.7.2006 zu Beginn der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren einen offenen Brief geschrieben. In diesem Brief haben wir Sie gebeten, aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung den städtebaulichen Wettbewerb für den Bau eines Kultur- und Kongresszentrums (RKK) auf dem Donaumarkt bis zum Ausgang des sich abzeichnenden Bürgerentscheids zurückzustellen. Leider haben wir darauf keine Antwort bekommen.

Nun ist am 17.12.2006 – wie von der BI Donaumarkt vorausgesagt – die Abstimmung wieder gegen den Standort Donaumarkt ausgegangen. Ihre Reaktionen vor und nach der Wahl veranlassen die BI Donaumarkt, sich nochmals in einem offenen Brief an Sie zu wenden, denn Sie haben versucht, mit falschen Darstellungen das Bürgerengagement in ein schiefes Licht zu rücken.

Am 23.12.2006 waren auf der Webseite der Stadt Regensburg unter der Rubrik „Der OB persönlich“ folgende Äußerungen zu lesen:

1. RKK Pläne sehen

„Sie (die Bürger) möchten sich ein eigenes Bild machen, wenn Sie entscheiden sollen. Bis jetzt war dies nicht möglich, weil der Investorenwettbewerb 2004 durch den letzten Bürgerentscheid abgebrochen werden musste.“

Diese Darstellung ist falsch. Nachdem der Standort Donaumarkt nach dem Bürgerentscheid im Dezember 2004 wegfiel, wurde der Investorenwettbewerb mit den Standorten Unterer Wöhrd und Schloss weitergeführt. Erst im Juni und Juli 2006 wurde er mit den Stadtratsbeschlüssen zu dem neuen Architektenwettbewerb am Donaumarkt beendet.

Auch die Aussage von Ihnen und dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Herbert Schlegl, der Bürgerentscheid vom Dezember 2004 hätte verhindert, die damaligen Wettbewerbsergebnisse der Öffentlichkeit zu zeigen, stimmt nicht. Die Wettbewerbsteilnehmer haben dies selbst verhindert, da sie einer Veröffentlichung ihrer Pläne aus urheberrechtlichen Gründen nicht zugestimmt haben.

2. Regensburg ist UNESCO-Welterbe

„Den Vorschlag Donaumarkt gibt es von mir seit 1999 nicht mehr und wird es auch in Zukunft nicht mehr geben.“

Ohne Ihre Zustimmung wäre wohl kaum die „Priorität Donaumarkt“ in den Stadtratsbeschluss zum Investorenwettbewerb 2004 aufgenommen worden. Dafür tragen Sie ebenso die politische Verantwortung wie für die Tischvorlage der Stadtratssitzung vom 22.6.2006, in der das Bürgerbegehren der BI Pro Donaumarkt „durchgewunken“ und der Grundsatzbeschluss zum Bau eines RKK auf dem Donaumarkt gefasst wurde.

3. Weihnachtsgrüße

„Es gab Themen, die polarisiert haben, wie das bei der Frage nach der Bebauung des Donaumarktes mit einem Kultur- und Kongresszentrums der Fall war, bei dem sich zwei Bürgerinitiativen mit gegensätzlichen Zielen gegenüberstanden.“

Auch das ist falsch, denn Sie haben zusammen mit der CSU-Fraktion und drei SPD-Stadträten das Anliegen der BI Pro Donaumarkt übernommen und für die Durchführung des Architektenwettbewerbs gesorgt. Damit waren in dem Bürgerentscheid am 17.12.2006 die Stadt Regensburg, vertreten durch den Oberbürgermeister, und die BI Donaumarkt die Gegner und nicht etwa die beiden Bürgerinitiativen. Dass sich die BI Pro Donaumarkt in den Wahlkampf der Stadt hat einspannen lassen und sich die Stadt zum Teil von ihr vertreten ließ (siehe Darstellung der Argumente in der städtischen Zeitschrift „Bei Uns“, Nr. 137), ist eine ganz andere Sache.

4. Bürgerentscheid RKK am Donaumarkt

Am 18.12.2006, dem Tag nach der Abstimmung, wurde im TVA-Journal über den Ausgang des Bürgerbegehrens zusammenfassend berichtet.

In dem Kommentar am Wahlabend sagten Sie: „Der Bürgerentscheid ist so ausgegangen, wie ich es erwartet habe. Ich hatte es allerdings deutlicher erwartet, insofern bin ich froh, dass es fast knapper war, auch wenn es nicht gereicht hat.“

In einer nachgeschobenen Erläuterung haben Sie das Scheitern des Wettbewerbs der Bürgerinitiative angelastet. TVA-Journal: „Das ganze Verfahren wertlos gemacht habe aber die Bürgerinitiative, denn den neuerlichen Wettbewerb hat der Stadtrat beschlossen, nachdem im Sommer die Befürworter des RKK am Donaumarkt ihre Unterschriften eingereicht hatten. Und: Dieser Wettbewerb sei auch nicht mehr zu stoppen gewesen, als das letzte Bürgerbegehren angelaufen ist.“

Ihre Äußerungen sind teils überraschend, teils falsch:

1.) Sie haben demnach für den Wettbewerb mit Nebenkosten rd. 500.000 EURO Steuergelder eingesetzt, obwohl nach Ihrer Erwartung der Bürgerentscheid für die Stadt nicht zu gewinnen war. Sie hätten – wie von der BI Donaumarkt empfohlen – den Wettbewerb bis nach dem Bürgerentscheid verschieben und damit der Stadt viel Geld sparen können. Hierfür tragen Sie die Verantwortung. Sie waren hier auch nicht der Getriebene des Stadtrates, sondern haben selber veranlasst, dass die Auslobung gegenüber dem Stadtratsbeschluss noch um 14 Tage vorgezogen wurde.

2.) Die Bürgerinitiative hat keineswegs das Verfahren wertlos gemacht. Der Wettbewerb konnte stattfinden, die Bürgerinnen und Bürger konnten das Ergebnis besichtigen. Der Wettbewerb zeigt allerdings, dass die Vorgaben auf dem Donaumarkt (maßstäbliche Einbindung in die Altstadt, Raumprogramm, Hotelkomplex, Wochenmarkt, Parkplätze, Verkehrsführung) von den teilnehmenden Architekten nicht befriedigend umgesetzt werden konnten. So wurden auch nur sieben 2. Preise vergeben. Auch eine „Optimierungsphase“, die jetzt unterbleiben muss, würde das grundsätzliche Problem nicht lösen.

Ihre angebliche Zurückhaltung bei den Bemühungen um den Standort Donaumarkt, ist nicht glaubhaft, Ihre Aussagen zu den Verfahrensabläufen sind nicht immer korrekt und werden oft mit Angriffen auf Bürgerinnen und Bürger verbunden, die andere Vorstellungen zur Entwicklung der Stadt haben. Die Bürgerinitiative hofft, dass sich das in Ihrer Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Regensburg nicht fortsetzen wird.

Mit freundlichen Grüßen - Lutz Tittel